Beizug eines Auktionshauses

Grundsatz: Verwertung durch das Amt: Die Verwertung ist im Grundsatz Aufgabe des Amtes.  BGE 115 III 52 E. 3a  BGE 105 III 67 E. 2

Zulässigkeit:  Unter gewissen Umständen erscheinen die vom Gesetz vorgesehenen Verwertungsarten (Steigerung und Freihandverkauf, spezielle Verfahren [gemeint ist wohl Art. 132 SchKG – Hinweis des Verfassers]) effektiv inadäquatBGer 5A_705/2008 E. 3.1.  Ausnahmsweise bzw. beim Vorliegen aussergewöhnlicher bzw. besonderer Umstände kann die SchKG-Behörde, welche für die Verwertung zuständig ist, einen Dritten („l’intermédiaire“) mit der Verwertung betrauen.  BGer 5A_705/2008 E. 3.1. (mit Verweis auf BGE 115 III 52 E. 3a, BGE 105 III 67 E. 2AB GE DCSO/336/2009 E. 3.a.  AB GE DCSO/425/2008 E. 2  vgl. auch AB GE DCSO/401/2009 Sachverhalt E  AB GE DCSO/143/2010 Sachverhalt E

Voraussetzungen: Vorausgesetzt ist, dass die Veräusserung besondere Sachkunde und Beziehungen zu allfälligen Interessenten (wie Händler oder Kunstsammler) erfordert, damit unter Berücksichtigung der höheren Kosten ein besseres Verwertungsergebnis erwartet werden kann.  BGE 105 III 67 E. 2  BGer 5A_705/2008 E. 3.1., E. 3.3.  Zufolge der besonderen Umstände muss die öffentliche Versteigerung als völlig unangemessen erscheinen.  BGE 115 III 52 E. 3a

Art der Objekte: Es muss sich um Kunstgegenstände  AB GE DCSO/336/2009 E. 3.a.  AB GE DCSO/425/2008 E. 2  vgl. auch AB GE DCSO/401/2009 Sachverhalt E  AB GE DCSO/250/2010 Sachverhalt E  AB GE DCSO/143/2010 Sachverhalt E  OGer ZH PS160100 E. 1.1., Antiquitäten, Münzen oder Briefmarken handeln.  BGer 5A_705/2008 E. 3.1.

Wert der Objekte: Diese Objekte müssen zudem von grossem Wert sein und nicht (nur) der mittleren oder tiefen Preiskategorie angehören.  BGE 115 III 52 E. 3a  BGer 5A_705/2008 E. 3.1. (mit Verweis auf BGE 115 III 52 E. 3a, BGE 105 III 67)

  • In BGer 5A_705/2008 Sachverhalt A, E. 3.2.  wurde in casu für ein aussergewöhnliches Gemälde von Vincent van Gogh mit einem Schätzwert zwischen CHF 500‘000 und CHF 700‘000 (bzw. CHF 1 Mio. nach Vornahme einer kleinen Restauration) ein grosser Wert bejaht.
  • In BGE 115 III 52 betrug der Schätzwert mehrerer Kunstgegenstände und Antiquitäten CHF 180‘000, so dass diese der „einfachen bis mittleren Preisklasse“ zugewiesen wurden.

Ermessenentscheid: Ob aussergewöhnliche Umstände vorliegen, ist eine Ermessensfrage. Das Bundesgericht interveniert nur, wenn bundesrechtliche Verfahrensregeln verletzt werden, oder die kantonalen Aufsichtsbehörden ihr Ermessen über- oder unterschreiten  BGer 5A_705/2008 E. 3.1. (mit Verweis auf BGE 134 III 42 E. 3, BGE 120 III 79 E. 1). Ein Unter- oder Überschreiten des Ermessens liegt vor, wenn die Aufsichtsbehörde unangebrachte Kriterien anwendet, die gegebenen Umstände nicht berücksichtigt  BGer 5A_705/2008 E. 3.1. (mit Verweis auf BGE 134 III 42 E. 3, BGE 120 III 79 E. 1, BGE 110 III 17 E. 2) oder einen vernunftswidrigen oder gegen den gesunden Menschenverstand verstossenden Entscheid fällt.  BGer 5A_705/2008 E. 3.1. (mit Verweis auf BGE 123 III 274 E. 1a/cc)

Bei einem Entscheid der Gläubigergesamtheit im Konkurs: Beschliessen im Konkurs die Gläubiger, die Verwertung von Aktiven (in casu Kunstgegenstände) einem Auktionator zu übertragen, weil sie sich davon trotz der hohen Kosten ein besseres Verwertungsergebnis versprechen, so ist ein solches Vorgehen nicht bundesrechtswidrig.  BGE 105 III 67 E. 2

Kein Anspruch der Gläubiger: Die Gläubiger haben keinen (mit Beschwerde durchsetzbaren) Anspruch auf Verwertung durch ein privates Auktionshaus, sobald Kunstgegenstände in Frage stehen.  BGE 115 III 52 E. 3a  AB BS RB 2003 Nr. 14.1.  Ein solcher Anspruch könnte allenfalls dann bejaht werden, wenn die öffentliche Versteigerung aufgrund besonderer Umstände als völlig unangemessen erschiene.  BGE 115 III 52 E. 3a

Recht der Gläubiger, Offerten zu machen: Das Recht der Gläubiger, ebenfalls Kaufofferten zu machen, muss auch bei der Veräusserung über ein Auktionshaus gewährleistet sein.  BGE 105 III 67 E. 2   BGer 5A_705/2008 E. 3.1. (mit Verweis auf BGE 115 III 52 E. 3a, BGE 105 III 67)

Beauftragter Dritter: Der Dritte, der mit der Veräusserung betraut wird, muss ein spezialisiertes Unternehmen, meist ein professionelles Auktionshaus bzw. ein Auktionator, sein (in casu Christie‘s).  BGer 5A_705/2008 E. 3, E. 3.1., E. 3.2. (mit Verweis auf BGE 115 III 52 E. 3a, BGE 105 III 67AB GE DCSO/336/2009 E. 3.a.

Rechtsverhältnis zwischen der Behörde und dem Auktionator: Das Rechtsverhältnis zwischen der SchKG-Behörde, welche den Dritten zur Veräusserung beizieht, und dem Dritten ist privatrechtlicher Natur.  Vgl. BGE 105 III 67 E. 2

Rechtsverhältnis zwischen dem Auktionator und dem Erwerber: Auch die Rechtsbeziehung zwischen dem Dritten, der für die Veräusserung beigezogen wird (Auktionshaus), und dem Erwerber beruht auf privatem Recht. Gegen den Erwerbsakt kann daher keine betreibungsrechtliche Beschwerde (Art. 17 SchKG) geführt werden.  vgl. BGE 105 III 67 E. 2  –  Es liegt kein Freihandverkauf vor.  OGer ZH PS150144 E. III.7.

Verantwortlichkeit des Amtes für das Inkasso des Veräusserungserlöses durch das Aktionshaus: Bedient sich das Konkursamt für die Verwertung der Dienste eines Dritten, so ist der Eingang des Verwertungserlöses bei diesem dem Eingang beim Konkursamt gleichzustellen. Das Amt hat dafür einzustehen, dass die vom Erwerber geleisteten Zahlungen (nach Abzug der Verwertungskosten) vollumfänglich an die Gläubiger weitergeleitet werden, und zwar unabhängig davon, ob der vom Konkursamt beauftragte Dritte die einkassierten Beträge ganz oder aber überhaupt nicht angeliefert hat.  BGE 102 III 161 E. 2c

Verfahrensmässiger Anwendungsbereich: Die bisherigen Entscheide betreffen

Kosten: Die Übertragung der Veräusserung von im Rahmen eines SchKG-Verfahrens zu verwertende Aktiven an ein privates Auktionshaus darf nicht zu einer die Ansätze der GebV SchKG übersteigenden Belastung der Masse bzw. von Grundpfandgläubigern führen. BGE 103 III 44 E. 1  OGer ZH PS150152 E. II.5.  AB TI 15.1998.226 E. 4g  AB TI 15.1998.218 E. 4g  Allfällige Mehrkosten sind vom auftraggebenden Amt bzw. vom Kanton zu tragen.  BGE 103 III 44 E. 1 – Vorbehalten bleiben sehr aussergewöhnliche Situationen, in welchen vorgängig die Genehmigung der Aufsichtsbehörde einzuholen ist.  AB TI 15.1998.226 E. 4g  AB TI 15.1998.218 E. 4g